Städtebaulicher Wettbewerb Welfenstraße, Au-Haidhausen, München, 4. Preis

» … Vernacular architecture does not go through fashion cycles. It is nearly immutable, indeed, unimprovable, since it serves its purpose to perfection. As a rile, the origin of indigenous building forms and construction methods is lost in the distant past … «

— Bernard Rudofsky, Architecture without architects, 1964

 

Im Gegensatz zum öffentlichen Platz der Stadt, welcher der Versammlung aller Bürger und einer Vielzahl von Funktionen genügt, entwickelt sich mit beginnender Renaissance der so genannte „Wohnplatz“: einheitlicher in der Gestaltung der Fassaden, exklusiver im Hinblick auf seine Zugänglichkeit und schließlich wesentlich intimer in seinem atmosphärischen Charakter: die plazas mayores in Spanien, die place des vosges in Paris, covent garden in London. Arnold Zenetti, der Münchener Stadtbaurat, der das Layout von Haidhausen planerisch festlegte kennt diesen Typus und variiert das Schema des „Franzosenviertels“ spielerisch. Das Kalkül ist aufgegangen: Pariser Platz, Bordeauxplatz, Orleansplatz sind heute die begehrten „Wohnplätze“ in Haidhausen.

Lageplan

Im Hinblick auf diese Typologie schlagen wir einen „Wohnplatz“ etwas breiter als eine Straße, vergleichbar einer Diele in Relation zum Flur – noch kein Salon – als räumlich ordnendes Element für das Gebiet an der Welfenstraße vor.
Der Körper der räumlich gebundenen Stadt mit den Erweiterungen der Gründerzeit hat seine Grenze im Straßenzug, der parallel zur Bahntrasse läuft (Welfenstraße). Im Zwischenbereich zur Bahntrasse liegt eine Randzone, in der sich deutlich unterscheidbare Insellagen herausbilden. An Stellen mit Öffentlichkeitsbildung schlagen wir ein gemischt genutztes Stadthaus vor, das straßenseitig Handelsnutzungen mit Raumhöhen bis zu 3,40 m zulässt. Ab dem 1. Obergeschoss entwickeln sich in der rhythmisierten Baukörpergliederung Terrassenwohnungen mit markanten Nischenbildungen der privaten Freiräume.

Grundrissausschnitt

Ein großer Raum, überblickbar in seiner Tiefe und doch kleinräumig gegliedert in fünf Teilflächen ist der Welfenhof. Diese fünf Bereiche sind jeweils durch markante Mineralien als Leitmetapher charakterisiert: Rosenquarz, Bergkristall, Malachit, Amethyst und Achat stehen in Farben und Stimmungen für die dort verwendeten Materialien und Blütenbilder. Grillen, Wäsche aufhängen, mit den Kindern Ping-Pong spielen – dies alles ist in den tiefen Wiesenflächen möglich. Die Heckengärten werden mit Wiesenflächen und Spielplätzen akzentuiert, die Nussbäume und Zieräpfel wechseln mit Magnoliengruppen. Dieser Hof wird durch einen Wasserlauf und drei Teiche akzentuiert, aber nicht unterbrochen.

Standort Welfenstraße, München
Architekt Hierl Architekten BDA DWB
Auslober Bayerische Immobilien AG, München
Landschaftsplanung Atelier Auböck & Kàràsz, Wien
Wettbewerb, 2005 4. Preis
Mitarbeit Carolin Semtner, Tobias Schmidt