Urbanes Leben am Papierbach, Landsberg am Lech

Ansichten Ost West

» In der organischen Architektur ist es völlig unmöglich, das Gebäude als eine Sache zu betrachten, die Einrichtung als eine andere und Standort und Umgebung als wieder eine andere. Der Geist, in dem diese Bauten konzipiert sind, sieht all dies gemeinsam als ein Ding. (…) Selbst die Stühle und Tische, Schränke und sogar Musikinstrumente – wo es sich durchführen lässt – gehören zu dem Gebäude selber, sie sind niemals Einrichtungsstücke, die nur hineingestellt werden … «

— Frank Lloyd Wright „Organische Architektur“ 1910

Grundriss Erdgeschoss

Der Entwurf greift die Leitidee der Urbanität auf und interpretiert sie durch Nutzungsmischung, Vermeidung ausschließlich funktionaler Raumdefinitionen, Flexibilität und Variabilität über den gesamten Nutzungszyklus, horizontale Schichtung und Materialauthentizität in der architektonischen Erscheinung.

Die gewünschte Vielfalt städtischen Wohnens wird durch eine offene Grundrissstruktur abgebildet: Die Grundrisse sind um einen tragenden und aussteifenden Kern sowie eine tragende Fassade organisiert. Dadurch ergeben sich unterschiedliche Wohnungstypen und eine größtmögliche sozialräumliche Vielfalt.

Grundriss 1. OG

Die Gastronomie orientiert sich entsprechend der Auslobung zum Lechbogen und verfügt über einen großzügigen Freibereich nach Süden. Der gut proportionierte Gastraum wird über einen seitlichen Vorraum mit den Nebenräumen erschlossen. Die Erschließung der Küche, die nördlich der Gastronomie angeordnet ist und von dort gut angeliefert werden kann, erfolgt im rückwärtigen Bereich. Der Nutzungskonflikt mit den darüber liegenden Wohnungen wird wie folgt gelöst: Zum einen sind dort eher unempfindliche Nutzungen (Kleinwohnungen, Homeoffices) angeordnet bzw. bei Familienwohnungen nur Wohn- und keine Schlafräume. Zum anderen sind die wohnungsbezogenen Freiräume dort ausschließlich als Loggien ausgebildet, um eine direkte Konfrontation zu vermeiden und eine wirksame Pufferschicht zu bilden.

Grundriss 3.OG

Die etwa 23-25 Meter langen und 13 Meter tiefen Häuser mit einem innenliegenden Kern und einer tragenden Fassade ermöglichen differenzierte und variable Wohnungsstrukturen mit einer Vielzahl an Qualitätsmerkmalen. Zu diesen Merkmalen gehört das Durchwohnen, welches sowohl Morgen- als auch Abendsonne bietet: Die großen Wohnungen sind durchgehend zweiseitig orientiert und erstrecken sich entweder zum ruhigen Innenhof nach Süden oder Westen sowie zur Straße nach Norden oder Osten. Des Weiteren zeichnen sich die Wohnungen durch ihre Neutralität in Bezug auf Raumgrößen und die Variabilität im Grundriss aus, da nichttragende Wände eine flexible Raumgestaltung ermöglichen. Dies erlaubt auch eine hohe Flexibilität im Nutzungszyklus, beispielsweise durch die Schaffung eines eigenen Schlaftraktes, der als Wohnung in der Wohnung genutzt werden kann. Die großen Wohnungen sind zudem nach drei Himmelsrichtungen ausgerichtet, was eine optimale Belichtung und Belüftung sicherstellt. Alle großen Wohnungen verfügen mindestens über einen Balkon und eine städtische Loggia. Die straßenseitigen Loggien können durch öffenbare Einfachverglasungen zu fast ganzjährig nutzbaren Wintergärten ausgebaut werden, was zusätzlichen Wohnraum und Komfort bietet.

Axonometrie Fensterinlay

Die Wohnungen an der Von-Kühlmann-Straße sind als durchgesteckte Maisonette-Wohnungen konzipiert. Neben einem großzügigen Wohn- und Essbereich befindet sich im Erdgeschoss ein zur Straße orientiertes Home-Office. Eine einläufige Treppe führt in das 1. Obergeschoss, in dem die Schlafräume und Bäder angeordnet sind. Von dort führt eine weitere Treppe auf die private Dachterrasse im 2. Obergeschoss mit Blick auf den Lech.

Grundriss 3-Zi-Wohnung

Die Wohnungen am Herbstweg werden straßenseitig als Hochparterrelagen ausgebildet. Hofseitig liegen diese Wohnungen auf Geländeniveau, so dass sich Wohnungen mit großen Raumhöhen (3.50 m) im öffentlichen Wohnbereich und üblichen Höhen (2.50 m) in den Individualbereichen ergeben. Die Erdgeschosswohnungen verfügen über hofseitige Terrassen.

Grundriss 4-Zi-Wohnung

Urbane Architektur zeichnet sich durch Materialechtheit aus und generiert dadurch eine hohe Authentizität in geschichtlicher Kontinuität. Vor dem Hintergrund einer zunehmend komplizierteren Bautechnologie, die separat optimierte Bauteile schichtenweise kombiniert und eine dementsprechende Entsorgungsproblematik mit sich bringt schlagen wir eine monolithische Wandkonstruktion aus perlitegefüllten Ziegelmauerwerk mit ebenfalls material-authentischen Einlagen aus Holz vor. Das Wandgefüge ist diffusionsoffen und sorgt damit nicht nur für einen optimalen Wärme-Feuchtehaushalt, sondern vermittelt auch das Gefühl von Festigkeit. Die in die Öffnung eingesetzten, im Außenbereich melaminharzgebundenen bzw. dickschichtlasierten und im Innenbereich geölten Holzelemente verbinden Fassade und Mobiliar und integrieren die Fassade in das räumliche Konzept.

Ansichten Nord Süd

Standort:  Landsberg
Architekt: Hierl Architekten
Auslober: Ehret+Klein GmbH
Wettbewerb 2017: 1. Preis
Geschossfläche: 7.000 qm, 60 Wohnungen
Mitarbeit: Miriam Ballesteros Sels, Anja Kopp, Christian Schmalz, Maximilian Jüttner, Teresa Sumerakin Amich