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Der Kontext des jeweiligen Gebäudes hat sich verändert. Es gilt das Gebäude neuen Kontextbindungen anzupassen. Die Voraussetzungen eines anpassungsfähigen, modifizierbaren Gebäudes: seine offene Struktur, Kompatibilität, seine Interpretierbarkeit, seine Fähigkeit zur Transformation, Ergänzbarkeit, beruhend, so oder anders, auf offenen Valenzen … «
— Peter Erni et al. „umbauen nutzen“ in Transfer S. 388
Das Verwaltungsgebäude für die Paulaner Hauptverwaltung greift auf den Typus der Hofbebauung zurück und ermöglicht so ein flexibles gemischt genutztes Verwaltungsgebäude mit variabler, weitgehend hierarchiefreier Belegung, kurzen Wegen und kompakter Dimension. Das Gebäude ist wirtschaftlich mit zwei diagonal versetzten Treppenhäusern erschlossen. Mit einer lichten Gebäudetiefe von 14.35 Metern sind flexible Kombibüros organisierbar.
Die Tiefgarage wird in zwei Ebenen organisiert: im öffentlichen Sockelgeschoss befindet sich der Anlieferbereich, die Gästestellplätze und die Fahrradstellplätze, das 2. Untergeschoss kann über eine Schranke abgetrennt werden und ist den Betriebsstellplätzen vorbehalten.
Im Untergeschoß sind die Veranstaltungsräume wie Bankettsaal und Restaurant um den Innenhof organisiert, der als Freifläche in alle Nutzungen einbezogen werden kann.
Im Erdgeschoß befinden sich ein großzügiger Eingangsbereich der den Haupteingang in der original rekonstruierten Torhalle mit dem Eingang im Süden verbindet sowie die Konferenzzone – beide Bereich haben direkten Blickbezug zu dem verbindenden Innenhof.
In den Obergeschossen befinden sich die in Nutzungseinheiten à ca. 400 qm. Im 2. Obergeschoss zur Ohlmüllerstraße hin ist der Vorstandsbereich angeordnet mit Blickbezügen sowohl in die Stadt als auch in den Innenhof.
Der Innenhof bildet die bayerische Kulturlandschaft ab als artifizielle Feldstruktur welche die Elemente des Bierbrauens – ein Hopfengerüst, ein Gerstenfeld und ein Wasserbecken – enthält. Er ist mit einer leichten Spannbetonkonstruktion überspannt und mit (variabel zu öffnenden) ETEF-Folienkissen eingedeckt – damit sind hohe solare Energiegewinne möglich und gleichzeitig entsteht ein schön zu bespielender ausdrucksstarker Raum, der für repräsentative Großveranstaltungen einen adäquaten Rahmen bietet.
Der durch die Trennung von Produktion und Verwaltung abhanden gekommene Bezug zu den Produkten wird durch Ausstattung des Bauwerks wieder hergestellt: im vom Haupteingang sofort erlebbaren Innenhof sind die Elemente bayerischer Braukunst symbolhaft landschaftlich arrangiert. Die Fassade schafft mit hochwertigen Materialien, geschliffenem weißem Beton, Baubronze und bedruckten Gläsern eine helle und freundliche Atmosphäre und referenziert so das Paulaneremblem und die Farbe der damit verbundenen Produkte.
Die heute noch existierende authentische Substanz des denkmalgeschützten Zacherlbaus besteht aus den Außenfassaden bis zum Mittelrisalit, der Torhalle, bei der eine Mitwirkung von Leo von Klenze vermutet wird und dem Kellergewölbe, weder die Hoffassaden noch das Dach entsprechen dem ursprünglichen Zustand. Im Sinne einer glaubwürdigen Geschichtsbildung werden die authentischen Bauteile in Materialität und Geometrie originalgetreu erhalten bzw. wiederhergestellt – im übrigen wird ein in Körnung und Materialität zeitgemäß konstruiertes, in der Volumetrie des Denkmals verbleibendes Gebäude auf dem historischen Stadtgrundriss errichtet.
Standort Ohlmüllerstraße 42, München
Architekt Hierl Architekten BDA DWB
Bauherr Paulaner Brauerei GmbH & Co. KG
Vertreter Bayerische Hausbau GmbH & Co. KG
Wettbewerb 2013 1. Preis
Landschaftsplanung Koeber Landschaftsarchitektur, Stuttgart
Gebäudefläche 9.500 qm
Baukosten KG 300/400 25.000.000 €
Leistungsphasen 1- 5 (HOAI)
Fertigstellung 2016
Mitarbeit Carolin Semtner, Miriam Ballesteros, Anja Kopp, Ulrich Schall