Wettbewerb Fassadengestaltung Stadtteil- und Einkaufszentrum Nordheide, 1. Preis

» … Das Ding geht gleichsam in einer Verpackung an uns vorüber. Wir wissen, dass es existiert, dass es Raum einnimmt, aber wir sehen nur seine Oberfläche. Unter dem Einfluss einer solchen Wahrnehmung schwindet das Ding, es wird nicht mehr von uns wahrgenommen … «

— Viktor Sklovskij, Theorie der Prosa, 1984

 

Das Stadtteilzentrum Nordheide bildet zusammen mit dem Sozialzentrum im Südosten des Neubaugebiets die städtebaulichen Ankerpunkte innerhalb derer sich das Wohngebiet längs des inneren Angers auf der U-Bahntrasse entwickelt. Diese Ankerpunkte bedürfen einer kräftigen identifizierbaren baukörperlichen Formulierung und räumlichen Ausformung um ihrer Aufgabe im Gebiet gerecht zu werden – es sind Objekte im klassischen Sinn, die sich vor dem Hintergrund der Wohnstruktur entwickeln.

Die Gebäudeteile MK1 und MK2 werden dabei als Komplementäre begriffen aus deren Dialog der Stadtplatz seine räumliche Kraft schöpft. Sie sind daher in der Materialität aufeinander bezogen. Gegebenenfalls sind die Gebäudeteile mittels eines auch funktional und stadtklimatisch wertvollen Rankgerüstes in Form von Spannseilen miteinander zu verbinden.

Detail Fassade

Der Ort ist geprägt durch die spezifische Erscheinung der Heidelandschaft: klar und karg mit wenigen feinen Modellierungen und findet in der Materialwahl der gebürsteten bronzefarbenen Bekleidung des Gebäudes ihre Referenz. Der Vorgang des Bekleidens wird zum Thema des Entwurfes. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Bauaufgaben, bei denen Gebäudenutzung und –hülle in großer Abhängigkeit voneinander entwickelt werden, sehen wir in der vorliegenden Aufgabe nicht die Darstellung der Gebäudestruktur oder eines bloßen physikalischen Körperschlusses. Das Gebäude entwickelt so, jenseits der vorhandenen Geschossigkeiten, eine eigene Maßstäblichkeit, der Vorgang des Bekleidens entwickelt eine eigene Regelhaftigkeit: Faltungen, Fügungsbrüche, eigenständige Plastizität der Hülle, die sich ins Innere fortsetzt. Die rohe Kubatur des Primärvolumens wird so in eine feinmodellierte Gebäudeplastik umgeformt. Die Erscheinung des Gebäudes wird durch seine innere Raumstruktur vorgegeben, die äußere und die innere Haut des Gebäudes – Hülle und Höhle – machen den Charakter des Gebäudes aus und verleihen ihm Prägnanz. Beide prägen den öffentlichen Raum, identifizieren das Stadteilzentrum und sollten daher in Struktur und Materialität aufeinander bezogen sein.

Die Fassade ist in ihrer kaskierten Geometrie so angelegt, dass sie das große Gebäudevolumen einerseits mehrfach bricht und somit verschieden lesbar macht, andererseits entsteht über die unterschiedlichen Reflexionen ein ständig wechselndes Lichtspiel, das sich nachts durch die beleuchteten Fugen fortsetzt.

Ansichten

Standort Schleißheimer Straße 506, Nordheide, München
Architekt Hierl Architekten BDA DWB
Bauherr FONDARA Gesellschaft für Immobilienentwicklung und Projektmanagement mbH
Wettbewerb, 2006 1. Preis
Mitarbeiter Robert Augustin, Stefan Berger, Helge Garke