Wohngebäude auf der Theresienhöhe, München, 1. Preis

» … Ich entsinne mich, dass mir in Liliput die Haut jener winzigen Menschen als die reinste der Welt erschien. Als ich dort mit einem befreundeten Gelehrten über dieses Thema sprach, gestand er mir, dass mein Gesicht aus einiger Entfernung viel weißer und glatter aussehe als aus der Nähe. Er gab zu, dass das anfangs für ihn ein scheußlicher Anblick gewesen sei. Er könne in meiner Haut große Gruben entdecken, die Haare meines Bartes seien zehnmal stärker als die Borsten eines Ebers und mein Gesicht besitze ekelhafte Farben … «

— Jonathan Swift: Gullivers Reisen

 

Für das Wohngebiet auf der Theresienhöhe wurde die Thematik des freistehenden Einzelhauses aufgegriffen und in Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten modifiziert. Nach Süden zur Straße wurden die Häuser auf einer imaginären Baulinie angeordnet, so dass sich optisch eine Raumkante bildet. Die entstehenden, qualitätvollen Zwischenräume ermöglichen sowohl räumliche Verknüpfungen, als auch optische Blickbeziehungen in den nahegelegenen Park.

Grundrisse EG und 1.OG

Im Gegensatz zum herkömmlichen Siedlungsbau, dessen Grundrisstypologie klar festgelegt ist, wird für die Theresienhöhe die Idee des großen städtischen Hauses aufgegriffen, dessen Nutzung nicht eindeutig definiert ist und vielfältigen Wandlungen unterworfen ist. Die Qualitäten dieses Haustypus liegen in seiner unterschiedlichen Interpretierbarkeit, die architektonisch ihren Ausdruck finden in annähernd gleichen Raumgrößen, die keine eindeutige Festlegung der Raumnutzung notwendig macht und somit ein Höchstmaß an Flexibilität für seine Nutzer bietet. Anstelle der bloßen Stapelung von Wohnungselementen sind im Erdgeschoss familiengerechte Maisonettewohnungen angeordnet, darüber befinden sich Geschoßwohnungen.
Die Tragstruktur sowie die Fassadengestaltung des Wohngebäudes wurde so gewählt, dass die Grundrissbildung sehr gut individualisiert werden kann. Die stets gleichgroßen Fensteröffnungen geben dem Betrachter von außen keinen Hinweis auf die Nutzung im Inneren. Die wohnungsbezogenen Freiflächen wie Terrassen und Balkone sind individuell am Baukörper platziert, dadurch wird eine hohes Maß an Privatheit zwischen den einzelnen Geschossen erreicht.

Die farbliche Gestaltung folgt der List der Camouflage und reflektiert so die Lage am Park im jahreszeitlichen Wechsel.

Standort Carlamaria-Heim-Straße 5, München
Architekt Hierl Architekten BDA DWB
Bauherr CONCEPT BAU, München
Wettbewerb 1. Preis (2001)
Geschossfläche 2.520 qm
Baukosten KG 300/400 1.750.000 €
Leistungsphasen 2 – 5 (HOAI)
Fertigstellung 2003
Mitarbeiter: Kathrin Bollwein, Bernhard Püschel, Florian Schweiger