Wettbewerb Wohnen in der Gerberau, München, 3. Preis

» … Denn wenn angenommen wird, dass das Verstehen oder die Wahrnehmung von Objekt oder Figur das Vorhandensein einer Art von Hintergrund oder Feld verlangt, wenn das Erkennen irgendeines, aber begrenzten Feldes Voraussetzung für jede Sinneserfahrung ist und das Bewusstsein des Feldes dem Bewusstwerden der Figur vorausgeht, dann kann eine Figur ohne Unterstützung durch irgendeinen erkennbaren Bezugsrahmen nur geschwächt und sich selbstzerstörend werden … «

— Colin Rowe Fred Koetter, Collage City,1978

 

Die Interpretation und Schärfung der städtebaulichen und landschaftlichen Situation bilden den Kern des Entwurfs. Eine prägnant geformte bauliche Silhouette bildet den Abschluss des Siedlungskörpers nach Süden und gibt ihm eine räumliche Fassung, gleichzeitig entsteht so ein wirksamer Ortsrand zum Landschaftspark nach Süden der in den weitläufigen Allacher Forst mündet. In dieser Verbindung einer zeichenhaften baulichen Kante mit großzügigem, vorgelagerten öffentlichem Park entsteht ein Ort mit hohem Wiedererkennungswert, ein identifizierbarer Schwerpunkt in einem disparaten inhomogenen Umfeld. Der durchgängige Rand vollzieht damit gleichzeitig eine präzise Trennung von öffentlichem und privatem Raum und ermöglicht einerseits eine qualifizierte Innenentwicklung mit privaten Gärten andererseits eine großzügige Gestaltung des öffentlichen Raums: im Süden ist das der neu geschaffene Gerberau-Park – mit integriertem Schwabenbächl als Brückenkopf in den Allacher Forst – im Norden wird die bereits bestehende Verbindung in eine Fußgängerpromenade umgewandelt und mit robusten Stadt- und Freizeitmöbeln aktiviert.
Monofunktionen werden an andere Nutzungen angebunden und verträglich in ein städtisches Gemisch überführt: dem Parkhaus wird die Einzelhandelsfläche vorgelagert, so dass hier ein ansprechender Quartierstreffpunkt entstehen kann, auf der Parkgarage und vor ihr im Norden sind Mietergärten, im Süden ist ihr eine Sondernutzungszone vorgelagert, die eine gut nutzbare Vorgartenzone ermöglicht.

Lageplan

Das Entwicklungsgebiet wird durch eine reich durchgrünte und von altem Baumbestand geprägte Situation gekennzeichnet – dies wird als herausragendes landschaftsräumliches Merkmal erkannt und mit einem konsequent minimierten baulichen Eingriff auf derzeit ohnehin schon versiegelten Flächen beantwortet: so kann der Sukzessionsbestand mit biotopähnlichen Qualitäten komplett erhalten werden.
Die kompakte Formulierung der Grundfläche ermöglicht andererseits große Freiräume im Hinblick auf die angestrebte Geschossfläche, so dass plastisch modellierte variantenreiche Baukörperausbildungen möglich sind.

Grundrisse und Schnitte

Die einfache und robuste Grundstruktur einer bis zu achtgeschossigen Punkthausbebauung ermöglicht eine hohe typologische Varianz mit folgenden Merkmalen. Der Baukörper von 20 – 21 m ermöglicht 2 – 5 Spänner, auch im Gebäude gemischt, und lässt somit ein differenziertes Wohngemenge zu. Die Wohnungen orientieren sich nach mindestens zwei Himmelsrichtungen und ermöglichen ein Durchwohnen. Großzügig bemessene Bauräume ermöglichen individuelle Terrassen und Loggien und eine plastische Baukörpermodellierung. Jede Wohnung hat Bezug bzw. Blick zum Park nach Süden, die Erdgeschosszone hat eine Raumhöhe von ca. 3.00 – 3.30 m und ermöglicht so Sondernutzungen wie Patiowohnen, altengerechte Wohnungen, Lofts, Homeoffices oder Kleingewerbe in Verbindung mit einer attraktiven südorientierten Vorgartenzone. Alle Wohnungen im Dachgeschoss haben Dachgärten und Dachterrassen. Die Tragstruktur lässt ein wandelbares Wohngefüge zu. Da nur Fassade und Kern tragend ausgebildet sind, können alle Wohnungen an unterschiedliche Bedürfnisse gepasst werden.

Standort Gerberau, München Allach-Untermenzing
Architekt Hierl Häublein Müller BDA DWB
Auslober Büschl Unternehmensgruppe, München
Wettbewerb, 2010 3. Preis
Landschaftsplanung Micheller und Schalk, München
Geschossfläche 34.380 qm
Mitarbeit Carolin Semtner, Arzu Cetin, Johannes Nagl, Daniela Strobl