Jugendherberge in Possenhofen, 1. Preis

» … Vorher war eine Art `Wildnis´. Und das jemandem begreiflich machen, irgendeiner Stadtverwaltung begreiflich machen, dass das Schönste an ihrer Stadt die Orte sind, wo eben niemand etwas getan hat, ich glaube das würde niemandem wirklich gelingen … Da sind Plätze, die können eigentlich gar nicht überleben, weil sie völlig anachronistisch sind, weil sie sich jeder gezielten Planung entzogen haben … Für mich steht die Lebensqualität einer Stadt in direktem Zusammenhang mit der Möglichkeit solcher Planlosigkeit … «

— Wim Wenders

 

Ausgangspunkt des Entwurfs sind die Merkmale der umgebenden Landschaft:
Die Weite des Starnberger Sees, die Ausgewogenheit des Lennéschen Landschaftsparks und die historische Allee. Die Allee wird als starkes, ordnendes Element weitergeführt und gibt die Orientierung auf dem Grundstück vor. Der Weite der Lennéschen Landschaft wird der präzise begrenzte Hof als fassbarer Freiraum entgegengesetzt. Der Außenraum der Jugendherberge wird mit typisch landschaftlichen Elementen wie frei arrangierten Pavillons und Spielmöbeln gestaltet. Der Schloßweiher wird wieder hergestellt und ein Bach renaturiert.

Die Jugendherberge wird, wie das Schloß Possenhofen, als öffentlicher Bau begriffen und behauptet sich dementsprechend als solitärer, geometrisch klar definierter Baukörper in der Landschaft. Im Gegensatz dazu sind die untergeordneten privaten Bauten wie Personalgebäude, Waschhaus und Zelte typologisch an der freien Musterbildung der vorhandenen offenen Wohnbebauung orientiert und arrondieren diese zu einer Figur. Die Jugendherberge für unterschiedliche Gemeinschaften (Schulklassen, Vereine, Reisegruppen und Wanderer) organisiert sich um einen Hof – ein archetypisches, gemeinschaftliches Element. Als Mittelpunkt des Herbergslebens ermöglicht er die einfache Orientierung, eine hohe Identifikation und eine geschützte Veranstaltungsfläche. Gleichzeitig werden hierdurch, vor allem bei abendlichen und nächtlichen Veranstaltungen, Lärmemissionen nach außen unterbunden und somit Konflikte mit der Nachbarschaft vermieden.

Grundriss EG und 1.OG

Sämtliche öffentlichen Nutzungen liegen im Erdgeschoss mit allseitiger Anbindung an die umgebende Landschaft. Speisesaal und Tagesräume sind durch ihre Struktur und Erschließung flexibel und vielfältig teilbar bis hin zum 270 qm großen Saal. Sie vermitteln zwischen Uferlandschaft und Hof und sind beiden Freiräumen gleichermaßen zugeordnet. Nach Osten öffnet sich der Bau über ein großes Fenster zum See und verortet so den archaischen Hof in der Landschaft.

Standort Kurt-Stieler-Straße 14, Pöcking
Architekt Hierl Architekten BDA DWB
Bauherr Deutsches Jugendherbergswerk DJH Landesverband Bayern, München
Wettbewerb, 1996 1. Preis
Landschaftsplanung Atelier Cordula Loidl-Reisch, Wien
Geschossfläche 4.480 qm
Baukosten KG 300/400 4.690.080 €
Leistungsphasen 2 – 9 (HOAI)
Fertigstellung 2002
Mitarbeit Ulrich Schall, Johanna Bäuml, Christian Bock, Kathrin Bollwein, Wolfgang Hardt, Dominik Hartmann, Peter Hofmann, Sabine Jahn, Claudia Lorenz, Maki Jochum, Fabian Ochs, Thu Diep Scheugenpflug, Oliver Schubert, Stefan Weiher, Tanja Wienecke